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Ein Foto aus der Lobau

Wenn man mal wieder Abends am PC hockt und darüber nachdenkt, dass man doch so gerne mal wieder die reale Realität hinter sich lassen würde und wieder mal die Realität da draußen, die in der Natur, erleben würde und sich so überlegt wie man denn das am Besten anstellen könnte, dann kommt man, oder zumindest ich, immer wieder auf die gleiche Idee: „Hey, wie wäre es denn mit einem Ausflug in aller Herrgottsfrühe in die Lobau, mit Nebel und mit Sonnenaufgang?“.

Nun, ein wirklich schöner Plan, an sich. Aber wenn man schon plant der realen Realität zu entfliehen, dann sollte man sich doch zumindest sicher sein, dass das, was man findet, auch dem entspricht, was man zu finden erhofft. Was erwartet man denn da so? Also am liebsten totale Windstille, bei Hochdruck, ohne all zu viele Wolken, aber nicht ganz ohne, weil sonst ist der Sonnenaufgang ja auch eher fad. Aber kalt soll es bitteschön sein, weil dann bilden sich eher Nebelfelder, und die sind ja schön anzusehen, erst recht, wenn die Wolken dann vielleicht doch nicht kommen.

Also los geht’s... Wetterkarten anschauen, Wetterberichte lesen, immer wieder. Was wird der Wind wohl machen? Was beabsichtigen die Wolken zu tun? Ah! Da sollte es vielleicht passen... Am nächster Tag: Oh, passt doch nicht mehr. Aber irgendwann passt es dann schließlich trotzdem immer. War zumindest bisher so und wird dann wohl auch weiterhin so sein. Muss halt nur mit dem Terminplan zu vereinbaren sein, aber den kann man sich ja so planen oder hinbiegen, dass er einfach passen muss...

Na denn, der langweilige Teil folgt. Es geht ans Akkus laden, Filter putzen, die wichtigen Sachen zusammenpacken. Der Rucksack muss gepackt sein, dass ist nichts für den frühen Morgen. Nichts vergessen? Noch mal nachschauen, scheint wohl alles da zu sein. Dann kommt die wichtigste Entscheidung überhaupt. Wann soll der Wecker denn läuten? Also, Überlegungen anstellen. Um das angepeilte Ziel zu erreichen ist bei gemütlicher Fahrweise um die Uhrzeit sicher eine Stunde mit dem Rad von Nöten. Dann will man ja noch gemütlich Frühstücken und der Rest dessen, was man so morgens macht muss ja auch noch erledigt werden... Und vor Sonnenaufgang will man ja auch noch ankommen. Also so zwei bis zweieinhalb Stunden vor Sonnenaufgang aufstehen wären an sich schon nett. Es ist ja schon Herbst, die Sonne geht ja doch erst spät auf. Wecker auf 4:00, sollte passen, viel später steht man ja sowieso auch normalerweise nicht auf.

Jetzt aber schnell schlafen. Oder nein, doch noch Southpark schauen, was ist ein Abend ohne Southpark? Eben... Aber dann wirklich... Der Wecker klingelt allerdings nicht, die innere Uhr funktioniert meistens noch ganz gut. Also raus aus dem Bett, Wettercheck. Mist, keine Sterne, doch bewölkt? Nein, in Wien sieht man die sowieso fast nie. Temperatur passt, kalt ist es, schaut gut aus. Also mal schnell noch frühstücken und so weiter. Und dann ab aufs Rad, noch schnell den MP3-Player angesteckt und dann geht’s los, aus der Stadt in die Wildnis. Es wird dunkler, die Stadtlichter entfernen sich.

Kurz vor sechs Uhr dann endlich am Ziel, langsam wird es heller. Ein Motiv muss nicht gesucht werden, schließlich war man schon mal tagsüber dort und weiß was man wo fotografieren kann und will und wo die Sonne aufgeht, in welche Richtung man fotografiert und in welche besser nicht. Suchen würde sowieso nicht funktionieren, viel zu schnell ändert sich um die Uhrzeit die Lichtstimmung und es würde in viel zu heftigen und meist unproduktiven Stress ausarten, noch andauernd hin- und herzurennen und zu versuchen irgendwas zu finden was es wert wäre fotografiert zu werden. Also lieber das Geplante anpacken und dann, wenn das beste Licht vergangen ist, weiterschauen was man denn an einem anderen kalten, nebligen Morgen noch so machen könnte.

Also wird das Stativ an geeigneter Stelle aufgestellt... Das Motiv in verschiedenen Varianten antesten bis die perfekte Einstellung gefunden ist. Und dann wird gewartet bis es wirklich losgehen kann. Musik stört in so einer Situation nur, in der richtigen Stimmung lassen sich besser die passenden Fotos machen, also einfach dem Sound der Natur lauschen. Vögel zwitschern bereits, Auhirsche röhren um die Wette, zwischendurch stoßen Fische an die Luft. Dann wird es langsam spannend.

Und dann, genau so schnell wie das Licht gekommen ist, verschwindet es auch wieder. Der fotografische Vorsonnenaufgangsnebelmorgen hat sich aufgelöst, die Nebelfelder haben sich verzogen, die Sonne strahlt vom Himmel als ob es nie einen Morgen gegeben hätte.

Das Foto allerdings, das ist gemacht, ziemlich genau so wie vorgestellt. Und, das wichtigste daran, der Ausbruch aus der realen Realität ist geschafft. Zumindest für eine kurze Zeit hat man sich richtig frei gefühlt. Die Fotos spiegeln das, was man wirklich erlebt und gefühlt hat zwar nicht wirklich wieder, aber zumindest könnten sie unbeteiligten Personen einen Einblick in das gewähren, was man gesehen hat. Etwas mehr als eine schöne Erinnerung auf jeden Fall, vielleicht auch für den unbeteiligten Betrachter.

Zeit für die Zigarette danach... und Zeit sich die Umgebung im Tageslicht mal wieder anzusehen und neue Fotos zu planen... Der nächste Morgen kommt bestimmt.

2. November 2007