Eigentlich wollte ich diesen Artikel schon vor gefühlten 5 Jahren schreiben. Irgendwas hat mich immer aufgehalten.
Bevor ich langsam alles vergesse was das Fotografieren von Blumen betrifft und nur für den Fall, dass der Frühling
in dem Tempo weitermacht und demnächst schon alles verblüht ist, dachte ich mir es doch einfach mal wieder zu probieren
und den Artikel dieses Mal wirklich fertigzustellen. Falls ihr das hier lesen könnt, hab ich's tatsächlich geschafft... ;)
Also: Blumen fotografieren. Je nachdem was für einen Anspruch man an die Ergebnisse hat, kann der Schwierigkeitsgrad
von "echt einfach" (Löwenzahn von oben bei knalligem Sonnenschein) bis zu "fast(?) unmöglich" (schön freigestellter
Frauenschuh mit Tau bei Sonnenaufgang und Nieselregen) gehen. Diese beiden Extrema werde ich in dem Artikel einfach
mal auslassen und statt dessen einfach ein paar Hinweise zu der Art von Blumenfotografie geben, wie ich sie gemacht
habe bzw. manchmal noch mache (sofern sich Orchideen finden ;) ).
Was es braucht
Grundsätzlich natürlich eine Kamera mit Objektiv... Auch wenn es vermutlich theoretisch möglich ist mit so ziemlich jeder Kamera
ansprechende Blumenfotos zu machen, die Art von Fotos, um die es mir hier geht (siehe z.B. das Foto oben rechts) lässt sich
am einfachsten mit Kameras mit einigermaßen großem Sensor und längeren (möglichst lichtstarken) Brennweiten machen. Ich
weiß aus Erfahrung, dass es ab Crop-Faktor 2 (entspricht in dem Fall einer Micro Four Thirds Kamera) und 150mm (auf
Kleinbild bezogen) Brennweite gut funktioniert.
Nicht unbedingt nötig ist ein richtiges Makroobjektiv. Meine ersten Schritte in diesem Bereich der Fotografie habe ich mit
einem Sigma 70-300mm f4-5.6 Objektiv gemacht, bei 300mm mit Blende 5.6 lies sich da auch fast alles bewerkstelligen.
Die technischen Grundlagen sollten damit schon geklärt sein, deshalb jetzt direkt weiter zu den Dingen, die es vor Ort
zu beachten gibt (ich entschuldige mich jetzt schon für die schlechte Zeichnung... ;) ). Danach sollte es dann theoretisch
auch schon klappen mit den Fotos!
Jetzt noch kurz ein Exkurs zum Einfluss der Blende und schon geht's los mit den wirklich wichtigen Dingen...
Einfluss der Blende auf das Foto
Viel dazu schreiben muss ich ja glücklicherweise nicht, die folgenden Fotos sprechen ja für sich selbst. Man kann gut erkennen, wie sich die
Blendeneinstellung auf das Motiv auswirken. Die Brennweite bei den Fotos war jeweils 150mm. Die Blenden von links nach rechts: f2.8, f4, f5.6,
f8 und f11.
Deutlich sichtbar und wenig überraschend: Je weiter man die Blende schließt, desto unruhiger werden Vorder- und Hintergrund. In dem Fall schaut's
für mich bis Blende 4 noch richtig angenehm aus, danach find ich's schon eher unangenehm anzuschauen. Aber das ist natürlich nur ein Beispiel. In anderen
Situationen reicht vielleicht Blende 4 auch nicht mehr aus, manchmal kann man selbst mit Blende 8 noch alles schön freistellen. Die verwendete
Brennweite und der Abstand vom Motiv etc. ist natürlich auch noch von Bedeutung. Auch hier gilt: Einfach selber experimentieren.
Vor Ort
Die folgende Zeichung stellt so in etwa die optimalen Aufnahmebedingungen für Fotos dar, auf denen eine Pflanze freistehend
fotografiert werden kann (das Foto ganz oben rechts ist auf die Art entstanden).
Also was erkennt man auf der Zeichnung jetzt? Hauptsächlich sind es wohl drei Dinge (ok, vielleicht vier, wenn man die Perfektion
der Zeichnung mit einrechnet ;) )...
1.) Die tiefe Kameraposition
Die ist wichtig um die Vordergrundgestaltung (also den unteren Teil auf dem Foto dann meistens) hinzukriegen. Siehe Punkt 2! Die
Erfahrung zeigt, dass es meistens nötig ist, in Bodennähe zu fotografieren. Ein Winkelsucher oder ein Klappdisplay können da von Vorteil sein.
2.) Das "Hindernis" vor der Blume
In dem Fall das etwas höhere Gras. Das ist wichtig, damit das mit der Vordergrundgestaltung dann auch wirklich funktioniert. Es
sollte ein Hindernis zwischen Blume und Kamera geben. Und zwar in einem gewissen Abstand zur Blume. Das Hindernis sorgt dann nämlich
dafür, dass es einen schönen unscharfen Schleier im unteren Teil des Fotos gibt. Das entsteht bei richtiger Wahl der Brennweite (lang!)
und Blende (möglichst offen!) dann nämlich ganz von alleine und nicht mit Hilfe von Bildbearbeitung.
3.) Die Blume, die die Wiese überragt
Im besten Fall überragt die Blume die sie umgebende Wiese um ein paar Zentimeter und hat in der direkten Umgebung vor und hinter
sich auch keine störenden Objekte. Das macht die Aufnahme dann eindeutig einfacher.
Und jetzt?
Ok, damit ist die perfekte Aufnahmeposition in der Theorie auch schon beschrieben. In der Praxis sieht's natürlich meistens anders aus.
In vielen Fällen findet sich leider nichtmal ein zufriedenstellender Kompromiss... Grundsätzlich: Auch hier ist experimentieren angesagt. ;)
Die Kamera ist also vor dem Objekt der Begierde an der richtigen Stelle aufgebaut, der Vordergrund passt. Die Blume steht auch am
richtigen Ort. Was fehlt?
Licht und Schatten! Abschatten!
Die gute Nachricht zuerst: Man kann so ziemlich bei jedem Licht gute Pflanzenfotos machen. Die einzige Aufnahmesituation, die mich dahingehend
bisher nicht so ganz überzeugen konnte ist komplett bedeckter Himmel (wobei auch das geht, dazu am Ende des Artikels noch ein kurzer Abschnitt).
Bei Sonnenschein lässt sich dagegen durchgehend etwas anstellen (das schon oft zitierte Foto oben rechts z.B. ist bei knalligem Sonnenschein entstanden).
Der Haupttrick bei Sonnenschein ist eigentlich ganz einfach: Die Pflanze, sofern sie nicht schon von sich aus im Schatten wächst, abschatten!
Das ist schon alles. Wenn man Ergebnisse wie das obige Foto haben will, sollte man dabei allerdings auch darauf achten, dass Vorder-
und Hintergrund noch in der Sonne liegen. Allerdings bieten sich hier natürlich auch Experimente an.
Man kann zum Abschatten einfach die Hand benutzen, man kann ein Stativ an den richtigen Platz stellen und den Fotorucksack dagegen lehnen um die
Pflanze abzuschatten. Alternativ sind natürlich auch Diffusoren empfehlenswert bzw. vermutlich die praktikablere Lösung. Im Gegensatz zum
Abschatten per Hand/Rucksack o.ä. lässt ein Diffusor noch etwas Licht durch und sorgt damit für einen "sanfteren" Schattenbereich.
Diese beiden Fotos hier sind so ziemlich zur gleichen Zeit entstanden, beide bei an sich doch eher schlechtem Licht tagsüber. Das linke Foto
ist ohne Abschatten der Blumen entstanden, beim rechten wurden die Blumen abgeschattet:
Grundsätzlich werden die Kontraste dadurch viel weicher, die Farben pastelliger und insgesamt ist's, zumindest für meinen Geschmack,
auf die Art einfach viel angenehmer anzuschauen.
Wie bei den meisten anderen Genres der Fotografie ist es auch in dem Bereich nicht ganz falsch die Tagesrandzeiten zum Fotografieren zu verwenden.
Man hat da manchmal Farben auf den Fotos, von denen man vorher nie gedacht hätte, dass man sie auf die Art so einfach herstellen könnte. Dazu ein
paar Beispiele:
Das Foto links ist am Morgen kurz nach Sonnenaufgang entstanden. Die Entstehung der Farben ging in dem Fall folgendermaßen vor sich: Links oben
erkennt man noch einen Teil vom Himmel, dadurch der helle, leicht ins bläuliche gehende Bereich. Am rechten oberen Rand der grüne Bereich
entstand durch einen von der Sonne angestrahlten Busch. Die hellen orangenen Teile im Hintergrund sind vorfrühlingshaft trockenes Gras, welches durch
die noch recht tief stehende Sonne angestrahlt wurde. Die beiden Orchideen (sind übrigens noch mit leichtem Reif überzogen) habe ich mit der Hand
abgeschattet (fällt leichter, wenn man vom Stativ fotografiert ;) ). Auch im Vordergrund habe ich noch ein bisschen abgeschattet, daher dieser
kühle Farbton.
Beim rechten Foto war nicht mehr viel zu beeinflussen in Sachen Abschattung der Pflanze. Die Gruppe Küchenschellen habe ich abends eine Weile nach
Sonnenuntergang aufgenommen. Das ist in dem Fall auch schon das gesamte Geheimnis. Natürlich dazu auch wieder eine tiefe Kameraposition und eine eher
großzügig Belichtung.
Vorder- und Hintergrundgestaltung
Freigestellte Pflanzen vor komplett homogenen Hintergrund mit Unschärfe im Vordergrund bei gutem Licht sind schön, aber man kann sich daran
auch schnell satt sehen. Hier ein paar Möglichkeiten um etwas mehr Pepp in die Fotos zu bringen:
Tautropfen
Das gute an Tautropfen ist, dass man, wenn sie mal da sind, eigentlich garnicht viel tun muss. Und meistens sind sie sogar automatisch vorhanden,
wenn man bei für Pflanzenfotografie passendem Wetter (also windstill und sonnig) früh am Morgen unterwegs ist. Viel beachten muss man garnicht.
Je mehr man ins Gegenlicht fotografiert, desto kontrastreicher werden die Tautropfen hinterher am Foto. Je weiter die Tautropfen in der Unschärfe
liegen, desto größere Kreise bilden sie hinterher am Foto. Normalerweise bietet es sich an die Blende so weit offen zu lassen wie möglich.
Aber auch hier gilt: Einfach experimentieren. Dank Digitalfotografie erkennt man ja schon vor Ort am Kameradisplay in etwa wie das Ergebnis aussieht.
Hier zwei Beispielfotos, die in taubedeckten Wiesen entstanden sind:
Chaotischerer Hintergrund
So ein paar Pflanzen oder sogar ein Baum im richtigen Abstand hinter der Pflanze die man fotografieren will, können wirklich zu spannenden Effekten im
Hintergrund führen. Was der richtige Abstand genau ist, ist natürlich immer unterschiedlich und hängt zusätzlich noch von Brennweite, verwendeter Blende
und sogar vom Licht ab (Spitzlichter in direkter Umgebung der Pflanze sorgen meistens eher für ungewünschte Effekte). Hier zwei Beispiele zu einem
etwas anderen Hintergrund:
Der Effekt auf dem linken Foto kam durch Gras in einem gewissen Abstand zur Orchidee zustande, rechts im Hintergrund stand in etwas größerem Abstand
ein Baum. Beim zweiten Foto wuchsen in direkter Umgebung ein paar Pflanzen im Hintergrund (oder Vordergrund, ehrlich gesagt, ich kann mich nicht mehr
ganz genau erinnern ;) ).
Gegenlicht und Sonne
Streiflicht kann, vom Objektiv abhängig, für nette Effekte auf einem Foto sorgen. Viele sehen sowas vielleicht als Objektivfehler an, im Endeffekt ist
es auch einer, aber so ein bunter Schleier über dem Foto sorgt dafür, dass es sich von der Masse der Fotos abhebt. Das linke Foto ist so entstanden, die schon
recht tief stehende Sonne schien seitlich ins Objektiv rein und sorgte für den schon erwähnten Schleier.
Beim zweiten Foto schaut die Sonne im Hintergrund noch ins Foto. Auf die Art geht das aber nur dann einfach, wenn die Sonne schon schön tief steht
und am besten auch noch durch Dunst ein bisschen in ihrer Helligkeit gedämpft wurde. Alternativ kann es auch helfen, wenn die Sonne "durch" einen Baum
oder einen Busch scheint und dadurch etwas abgeschwächt wird, dann gibt's auch schön viele Lichtflecken im Hintergrund. Auf diesem Foto war's eine
Mischung aus beidem.
Bedeckter Himmel, und was jetzt?
In solchen Fällen lohnt sich manchmal ein Besuch im Wald. Die vielen verschiedenen Grüntöne in Verbindung mit Bäumen und sonstigem Bewuchs bringen
manchmal auch spannende Fotos. Hier zwei Beispiele aus dem Wald:
Kurz gesagt...
... einfach mal das Hauptmotiv abschatten und den Hintergrund in der Sonne lassen und darauf losfotografieren!